
Bericht über Wildbienenvortrag
Die unscheinbaren Wildbienen sind von grossem Interesse!
Der Naturschutzverein Aare-Rhein lud ein zu einem Vortrag zu Wildbienen ein – und über 50 Personen kamen; das Forum der Bezirksschule Klingnau als Gastgeberin war bis auf den letzten Platz besetzt. Eine gute Stunde referierte Dr. Andreas Müller, Natur Umwelt Wissen GmbH, und vermochte sein Publikum völlig in seinen Bann zu ziehen. Die Fragerunde dauerte fast ebenso lang.
Wildbienen, anspruchsvolle, aber unsichtbare Einzelgänger
Wildbienen sind für viele Menschen inexistent, da sie Lebensräume bewohnen, die für viele nicht sichtbar sind: Im Boden, in Schneckenhäusern, in Hohlräumen von abgestorbenen Baumstämmen und vielen anderen Lebensräumen. Dr. Andreas Müller nahm das Publikum mit auf eine virtuelle Reise zu einem aufgeschnittenen Schneckenhaus, gefüllt mit Pollenkörnern von Korbblütlern. Wer hat den Pollen gesammelt und ins Schneckenhaus eingetragen? – Es ist die Schneckenhausbiene, die dort für ihre Nachkommen in mehreren Schritten sorgt. Zunächst lagert sie Pollen ein, dann grünes Material, bereits zerkleinert für die Brut, welches den geschlüpften Larven Nahrung bis zum Stadium der Verpuppung gibt.
So viele: 615 Wildbienenarten gibt es
Das war ein Aha-Erlebnis für die Zuhörer. So viele Wildbienen? Viele Wildbienenarten sind unauffällig. Doch es gibt auch „Stars“ unter ihnen, die metallisch glitzern, stark gefärbt sind, Hörner haben wie ein Steinbock. Die Vielfalt ist grossartig. – Alle Arten ausser der Honigbiene werden als Wildbienen bezeichnet. Ihr Unterscheidungsmerkmal: Die Honigbiene als Gemeinschaftswesen ist ein Extremist – Wildbienen führen hingegen meistens ein solitäres Leben als Einsiedler.
Wo nisten Wildbienen?
50 % der Wildbienen nisten im Boden, erkennbar an kleinen „Vulkanen“, die aus dem sandigen Boden ragen. Bis zu einem Meter Tiefe werden die Brutzellen vergraben und mit einem Pollen-Nektarvorrat für die Larve versorgt. In einer solchen feuchten Erdtiefe lauert die Gefahr von Pilzvorkommen, dem das Muttertier mit einem speziellen Sekret zur Abtötung von Pilzen und Viren zuvor kommt. Die Blattschneiderbiene wiederum versieht ihre Brutzelle mit kleinen, mit ihrem scharfen Oberkiefer abgeschabten Blattstückli als erste Nahrung für die schlüpfende Larve. Die Wollenbiene baut ihr Nest nur aus pflanzlichen Haaren, mit ihrem Oberkiefer abgeschabt. Die Mörtelbiene schliesslich baut ihre Brutzellen aus diversen Mörtelmaterialien, und zum Schluss bedeckt sie alles mit Dreck – ein Trick, um allfällige Feinde abzulenken.
Bedeutung der Wildbienen völlig unterschätzt
Bis vor Kurzem hiess es: 80 % seien Honigbienen zuständig für die Bestäubung von Obstbäumen. Eine britische Untersuchung aus dem Jahr 2007 beweist das Gegenteil: Nur ein Drittel leisten Honigbienen bei der Bestäubung, die restlichen zwei Drittel gehen auf das Konto der Wildbestäuber, allen voran Wildbienen und Schwebflieger. Neueste Untersuchungen bestätigen, dass Wildbestäubern eine sehr wichtige Bedeutung zukommt. Dabei geht es nicht darum, Wildbienen gegen Honigbienen auszuspielen, im Gegenteil: Es braucht die Kombination und den Schutz und die Unterstützung beider Bienengruppen.
Was brauchen Wildbienen?
Dazu stellt Dr. Andreas Müller fest:
- Wildbienen brauchen ein vielfältiges, kontinuierliches Angebot an Blüten,
- Vielfältige und kontinuierliche Kleinstrukturen.
- Eine geringe Distanz zwischen Nest und Futterpflanze d. h. für den Lebensraum:
- Kleinstrukturen wie offene Bodenstellen, Totgehölze, Brachflächen und steinige Strukturen.
- Eine grosse, kontinuierliche Blütenvielfalt, denn viele Wildbienenarten sind strenge Spezialisten.
Viele Fragen aus dem interessierten Publikum
Nach einem lebhaften Applaus zu dem inspirierenden Vortrag war die Fragerunde ebenso intensiv. Viele TeilnehmerInnen aus dem Publikum wollten Fragen zu persönlichen Erlebnissen beantwortet haben: Welche Bienenart hat da im Gartenboden Häufchen aufgeworfen? Was macht man mit einem Bienenhotel, das in die Jahre gekommen ist? – Jährlich sollte ein Drittel des Materials im Bienenhotel ersetzt werden – doch ohne eine Wiese mit grosser Blütenvielfalt nützt auch das beste Bienenhotel nichts, lautete die Auskunft des Referenten. – Schliesslich beendete NAR-Präsident Luc Van Loon die Diskussion mit der Ankündigung eines Apéros, notabene aus dem eigenen Weinkeller, bei dem lebhaft weiter diskutiert wurde.